Tatiana Levchenko

Der siebte Tod des Hypatius von Gangra, 150x107cm, Öl, Acryl, Leinwand

Für mich ist der kreative Prozess kein ästhetischer Akt, sondern eher eine Recherche. Ich habe nach meinem eigenen Weg gesucht, den geistigen Körper wieder aufzubauen. Seit Jahren wende ich zwei kreative Methoden an, die ich in Anlehnung an Wassily Kandinsky als "Impressionen" und "Improvisation" bezeichnen würde. Ich liebe es, von der Natur aus zu arbeiten und mir eine gewisse Freiheit von der Notwendigkeit zu gönnen, das, was ich sehe, buchstäblich zu dokumentieren; dennoch bleibt meine Anwesenheit an einem Ort und in einem Moment von großer Bedeutung. Wassily Kandinsky nennt diese Zustände in seinem Werk Über das Geistige in der Kunst "Eindrücke". Ich lasse mich von der Textur und der Energie des menschlichen Körpers, seiner Anmut und dem Pulsieren einer biologischen Form inspirieren. In einem solchen Moment arbeite ich unter dem Eindruck momentaner Emotionen, vertraue auf die Geste, auf meine Stimmung und mein Farbempfinden. Der zweite Ansatz ist das psychologische Tauchen, bei dem ich in meine Intuition eintauche, indem ich meine Hand dem Spontanen folgen lasse und es visualisiere. Kandinsky bezeichnet diese Methode als "Improvisation". Für mich bleibt das bizarre Zusammenspiel von sozialen Stereotypen, Verhaltensmustern und natürlichen Reaktionen in den Tiefen des menschlichen Unterbewusstseins ein Rätsel. Wo gibt es ein echtes Ich? Wie viel "weiß" und wie viel "schwarz" ist in meinem Bewusstsein? Was ist die dunkle Seite meiner Natur? Wie kann ich meine wahre Natur von einem Produkt der Erziehung, der Traditionen meiner Familie, der Gesellschaft, der Zeit unterscheiden? Vielleicht ist diese "schwarze" Seite gar nicht so schrecklich, wie weithin angenommen wird, sondern im Gegenteil das wertvollste le noir gold, das kostbarste Geschenk, und dieses "Weiß" kann gar nicht als meine Identität angesehen werden, sondern nur als eine Matrix, eine vom sozialen System geschaffene Form? In meiner kreativen Praxis arbeite ich daran, dieses Problem vor allem für mich selbst zu lösen, indem ich verschiedene Techniken und Materialien verwende. Selbst wenn ich im Freien arbeite, versuche ich, die innere, verborgene Struktur des umgebenden Raums zu ergründen...