Otto Schulz für Boet, Paar Sessel, Modell 'B. 109", neu gepolstert mit karamellfarbenem Mohair, lackierte Birke, Schweden, um 1934
Das von Otto Schulz (1882-1970) in den frühen 1930er Jahren entworfene Paar Loungesessel spiegelt einen alternativen Ansatz zu den aufkommenden funktionalistischen Idealen wider, die die schwedische Moderne zu prägen begannen. In einer Zeit, in der die Ideale des Rationalismus, des technischen Fortschritts und des gesellschaftlichen Nutzens als Markenzeichen des Designs gefeiert wurden, kultivierten Schulz und seine Firma Boet eine Sprache des Komforts, des Handwerks und der dekorativen Individualität. Seine Möbel, für die diese abgerundeten Loungesessel emblematisch sind, verkörperten eine andere Vision des modernen Lebens: eine, die nicht auf Abstraktion und Effizienz, sondern auf häuslicher Wärme und sinnlichem Vergnügen beruht.
Ende der 1920er Jahre begann der Funktionalismus unter den progressiven Architekten und Designern in Schweden Fuß zu fassen, eine Bewegung, die nach der Stockholmer Ausstellung von 1930 die Oberhand gewinnen sollte. Mit mehr als vier Millionen Besuchern machte dieses bahnbrechende Ereignis die breite Öffentlichkeit mit der Ästhetik und den sozialen Ambitionen der Moderne bekannt. Die nach den Prinzipien der rationellen Planung und der industriellen Produktion organisierte Ausstellung warb für Schlichtheit, helle Oberflächen und die Reduzierung von Ornamenten als visuelle Ausdrucksformen des sozialen und technischen Fortschritts. Wie Uno Åhrén (1897-1977) und andere funktionalistische Theoretiker argumentierten, war der neue Stil nicht nur eine Frage der Form, sondern auch der sozialen Verantwortung. Das Design sollte den kollektiven Bedürfnissen einer modernen Gesellschaft dienen und nicht den dekorativen Wünschen des Einzelnen.
Otto Schulz' Antwort auf diese neue Ordnung war weder offen oppositionell noch reaktionär. Vielmehr nahm er eine Zwischenposition ein, die den Pluralismus des schwedischen Designs der frühen Moderne offenbart. Während viele seiner Zeitgenossen auf einfache Formen und preiswerte Materialien setzten, produzierte Schulz weiterhin Möbel, die ein kultiviertes, bürgerliches Publikum ansprachen - Verbraucher, die Komfort, Qualität und visuellen Reichtum schätzten. Bei Boet, dem von ihm gegründeten Geschäft in Göteborg, bestand die Inneneinrichtung nicht aus funktionalistischer Strenge, sondern aus gepolsterten Stühlen und Sofas, polierten Hölzern mit Intarsien und gemusterten Textilien. Er schuf auch modulare Systeme mit modernistischen Details wie Metallfüßen, doch ihre Formen blieben weich, taktil und ausdrucksstark.
Die Loungesessel sind ein Beispiel für diese Synthese. Die kreisförmige Konstruktion und die durchgehende Rückenlehne vermitteln ein Gefühl von Geborgenheit und Intimität. Historische Bilder und Zeichnungen zeigen dekorative, gemusterte Polstersofas und -stühle mit stilisierten floralen Motiven und kontrastierenden Farbstreifen. Die Handwerkskunst zeigt sich in jedem Detail: die präzisen Nähte, die subtile Wölbung der Sitzfläche, der Rhythmus der Ornamente. Mit diesen Merkmalen stellt Schulz' Design die Dichotomie zwischen Funktionalismus und Dekoration in Frage und zeigt, dass Nutzen und Schönheit in ein und demselben Objekt koexistieren können.
Mitte der 1930er Jahre trat das schwedische Design in eine neue Phase ein, die die Strenge des frühen Funktionalismus aufweichte. In dieser Zeit entstand das, was man später als schwedische Moderne bezeichnen würde, die modernistische Klarheit der Formen mit handwerklichem Können, natürlichen Materialien und einer Betonung von Komfort und Häuslichkeit verbindet. Diese Ästhetik erlangte internationale Anerkennung auf der Pariser Weltausstellung 1937 und der New Yorker Weltausstellung 1939. Die Ankunft von Josef Frank (1885-1967) bei Svenskt Tenn im Jahr 1934 signalisierte diesen Wandel hin zu einem weicheren, menschlicheren Modernismus, der Geschichte, Farbe und Komfort in den Mittelpunkt stellte. Das Werk von Schulz nahm viele dieser Tendenzen vorweg. Seine Entwürfe haben sich nie ganz von der Tradition gelöst, sondern sich in ihr weiterentwickelt, indem er exklusive und handgefertigte Möbel entwarf, die Tradition und Funktion in Einklang bringen.
Rückblickend verkörpern diese Stühle das, was man als bürgerliche Moderne bezeichnen könnte: ein Designethos, das moderne Formen akzeptierte, sich aber weigerte, die Werte von Heimat, Tradition und Handwerk aufzugeben. Die Arbeit von Schulz erinnert uns daran, dass die Geschichte des modernen Designs nie linear oder einheitlich war. Selbst auf dem Höhepunkt des Einflusses des Funktionalismus gab es Designer, die sich mit subtilen Mitteln gegen dessen Dogma wehrten. Die Sessel von Schulz zeigen, dass das moderne Leben nicht nur rational und effizient, sondern auch warm, schön und zutiefst menschlich sein kann.
Boet
Im Zentrum von Göteborg wurde in der Zwischenkriegszeit eines der exklusivsten Inneneinrichtungsgeschäfte Schwedens, die Firma Boet, gegründet. Das Geschäft wurde 1920 von dem Architekten Otto Schulz zusammen mit dem Stockholmer Architekten Adolf Nordinberg gegründet. Boet entwickelte sich bald zu einem Vollsortimenter mit Konkurrenten in Schweden, und innerhalb weniger Jahrzehnte war das Geschäft vergleichbar - aber auch konkurrenzfähig - mit der Einrichtungsabteilung der Nordiska Kompaniet oder der Firma Svenskt Tenn in Stockholm. Im Alleingang entwickelte Schulz weiterhin Möbeldesigns, die sich dem Wandel der Zeit anpassten und sich an den Trends der führenden Firmen der Zeit orientierten, wie der schwedischen Grace in den 1920er Jahren und der schwedischen Modern-Bewegung ab den 1930er Jahren. Schulz betonte wiederholt seine Position als Inhaber und künstlerischer Leiter der Firma Boet. Schulz wurde auch für seine Entwürfe und individuellen Möbelstücke ausgezeichnet, die in der Firmenzeitschrift Boet veröffentlicht wurden. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass viele andere Mitarbeiter eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung und Steigerung der Produktionskapazitäten des Unternehmens gespielt haben.
Die Zeitschrift Boet war eine Monatszeitschrift für Wohnkultur, Kunsthandwerk und Industriekunst, die von 1928 bis 1938 monatlich erschien, mit einer besonderen Jubiläumsausgabe im Jahr 1945. Die Zeitschrift enthielt in erster Linie Fotos und redaktionelle Texte über die Möbel und Inneneinrichtungen von Boet, aber auch eine Reihe von Artikeln, Rezensionen und Kommentaren. Boet konnte eine Vielzahl von Autoren gewinnen, darunter Museumskuratoren, Theoretiker, Kritiker, Architekten, Handwerker, Designer und Vertreter der Kunstindustrie. Viele dieser Schriftsteller waren aktiv an der Göteborger Kulturszene beteiligt. Sie untersuchten Boet aus verschiedenen Blickwinkeln und behandelten Themen wie Fortschritte im Möbeldesign, in der Architektur, in der Inneneinrichtung, in der Beleuchtung, bei formellen Anlässen, Beleuchtungskörpern, Tapeten, Textilien, modernen Gemälden, Wandteppichen, dekorativen Künsten und Tischdekorationen.
Kurzbiographie
Otto Schulz (1882-1970) war ein deutscher Designer und Architekt, der unter anderem an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenberg und an der Architektenschule in Berlin ausgebildet wurde. Den größten Teil seiner Karriere verbrachte er jedoch in Schweden. Nach seiner Ankunft in Schweden arbeitete er mehrere Jahre lang als Bauzeichner und Innenarchitekt. 1920 gründete er zusammen mit Adolf Nordic Borg, dem Leiter der Designbüros von Nordiska Kompaniet, Boet, ein Unternehmen, das sich zu einem etablierten Inneneinrichtungsgeschäft entwickelte und auch eine gleichnamige Zeitschrift herausgab. Schulz' Design war oft so einfallsreich, dass er einige seiner Techniken patentieren ließ, wie zum Beispiel seine charakteristischen dekorativen Messingnägel, die als Bopoint bezeichnet werden. Seine Entwürfe sind bekannt für ihre Fähigkeit, traditionelle Elemente und Techniken mit einem modernen Stil zu verbinden.